Vereinszweck

„Der Verein betätigt sich im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz. Insbesondere möchte der Postillion e.V. junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung fördern und dazu beitragen, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen. Es ist ferner Aufgabe des Vereins, Eltern und Erziehungsberechtigte zu beraten, zu unterstützen und dazu beizutragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und Familien, sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu schaffen. Der Verein ist insbesondere tätig in der Kinder- und Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit (§§ 11 und 13 SGB VIII), der Kindertagesbetreuung (§§ 22 bis 26 SGB VIII) und den Hilfen zur Erziehung (§§ 27 ff. SGB VIII), der Aus- und Fortbildung von sozialpädagogischen Fachkräften und der fachpolitischen Arbeit“

Satzung des Postillion e.V., § 1, Absatz 2

Mit diesem Satzungsauszug sind die Ziele des Vereins klar definiert. Der Postillion e.V. ist ein sogenannter Idealverein, der ideelle Ziele verfolgt. Doch ist mit dem Auszug aus der Satzung nicht alles gesagt. Vom Grundverständnis her fühlen wir uns der öffentlichen Daseinsfürsorge verpflichtet. Das bedeutet, dass wir für Kinder bzw. Jugendliche da sind und deren Aufwachsen in der Kommune begleiten möchten.

Die Bereiche Kindertagesbetreuung und Jugendarbeit sind in Baden-Württemberg kommunale Aufgaben. In den Landkreisen mit Kommunen von 500 bis 12.000 Einwohnern gibt es keine Fachämter, sodass wir das Wissen und die Kompetenz bündeln, um gute Angebote zu etablieren. Öffentliche Daseinsfürsorge ist nach unserem Verständnis immer damit verbunden, dass es sich um kein kommerzielles Angebot handelt. Alle Einrichtungen und Dienste, sprich alle Tätigkeiten des Vereins müssen kostendeckend sein. Daher ist der Postillion e.V. auch als gemeinnütziger Verein anerkannt worden. Das ist eine Verpflichtung, die wir eingegangen sind. Wir verstehen darunter, dass neben dem Primat der Kostendeckung auch eine Kostentransparenz gegeben ist. Denn wer mit öffentlichen Geldern arbeitet – so unser Verständnis – muss die eingenommenen bzw. ausgegebenen Mittel transparent offen legen. Hierfür steht die Gesellschaftsform Verein bei der die Mitglieder (in diesem Fall Mitarbeiter_innen und Kommunen) Einblicke in die Finanzen des Vereins haben und selbst Belegprüfungen vornehmen. Die Jahresrechnung können wir aus Datenschutzgründen nicht mehr im Internet veröffentlichen, sie kann aber bei uns angefordert werden. Die Beiratssitzung, bei der es um Grundsatzfragen des Vereins geht, findet ebenfalls öffentlich statt.

Der Postillion e.V. beschäftigt sich ausschließlich mit Kinder- und Jugendhilfe. Das bedeutet, dass wir den Vorteil haben, uns auf dieses Arbeitsfeld konzentrieren zu können und unser Fachwissen in die Praxis einfließen zu lassen. Die seit der Jahrtausendwende in der Kinder-und Jugendhilfe immer stärker geforderte Lebensweltorientierung ist ein Ansatz, den der Verein sehr energisch verfolgt. Wir haben die Studien von Peter Hansbauer aus dem Jahr 1998 zur Kenntnis genommen, der die Probleme einer zunehmenden Spezialisierung in der Kinder- und Jugendhilfe kritisiert hat. Diese Studien zeigen, dass Kinder, die schon früh Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe erhalten haben, durch die zunehmende Spezialisierung von einer Einrichtung in die andere übergeben werden. Immer mit der guten Absicht, dass aufgrund der individuellen Problematik eines Kindes, eine andere möglichst spezialisierte Einrichtung dem Kind eine bessere Hilfe gewähren kann. Dabei wird übersehen, dass die Beziehungen, die Kinder zu den Fachkräften aufgebaut haben, immer wieder aufs Neue erschüttert werden, bis Kinder und später Jugendliche gar kein Vertrauen mehr in das System der Erwachsenen haben, weil sie erfahren haben, dass immer dann, wenn es schwierig wird, ein Beziehungsabbruch erfolgt und sie in eine andere Einrichtung wechseln müssen. Die Kinder- und Jugendhilfe ist inzwischen sehr stark ausdifferenziert: Kindergarten, Tagesgruppe, spezialisierte Heimeinrichtungen. Allerdings fehlt in der Regel die Verbindung zwischen den einzelnen Angeboten.

Wir möchten Kinder und Jugendliche auch dann unterstützen, wenn es schwierig wird. Wir möchten Konzepte entwickeln, wie Familien geholfen werden kann. Unser Anspruch ist es, dass ein Verlegen und Abschieben von einer Einrichtung in die nächste dadurch verhindert werden kann. Hierzu haben wir bereits einige Modellprojekte auf den Weg gebracht.

Im Vordergrund steht natürlich die Begleitung von Kindern und Jugendlichen beim Erwachsenwerden, auch dann, wenn es schwierig wird. Das beißt sich manchmal mit einer Forderung der Gesellschaft an die Kinder- und Jugendhilfe: die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern. Dies geschieht natürlich weitgehend in den Kindertageseinrichtungen. Dadurch, dass Kinder ganztags und ganzjährig betreut werden, können Eltern arbeiten. Dies ist gesellschaftlich so gewollt und bietet eine Chance, dass für Kinder Orte geschaffen werden, an denen sie sich mit anderen Kindern aufhalten und gemeinsam spielen. Denn die Zeiten des Nachkriegsdeutschlands, als die Kinder auf der Straße groß geworden und abends nach Hause gekommen sind, sind vorbei. Die Erwartungen an Kinder sind ganz anders geworden. So können Kindertageseinrichtungen zumindest Orte sein, an denen Kinder gemeinsam mit anderen Kindern aufwachsen. Sicherlich sind sie geregelter und abgesicherter, Abenteuer ist kaum noch möglich. Die Gesellschaft erwartet von einer guten Kindertagesbetreuung, dass die Kinder den Tag schadensfrei durchleben. Janus Korczak hat in den 30er Jahren drei Rechte eines Kindes aufgelistet. Dabei ist auch das Recht eines Kindes auf den Tod beschrieben. Eine Forderung, die zunächst sehr befremdlich scheint. Allerdings wird sie deutlicher, wenn man bedenkt, dass Korczak das Recht des Kindes auf Abenteuer einforderte, was auch immer eine gewisse Gefahr bedeutet. Am ehesten gehen vermutlich unsere Waldeinrichtungen in diese Richtung. Dies sind Orte, an denen Kinder auch mal Freiheiten haben dürfen, die auch etwas gefährlicher sind, als in den Kindertagesstätten in Häusern. Wobei der Unterschied sicherlich sehr gering ist. Unsere Aufgabe wird es daher sein, abgesicherte Orte zu schaffen, die vielleicht doch etwas an die „Kinder von Bullerbü“ erinnern, wenngleich wir natürlich wissen, dass dieses Bild keine Kita erfüllen kann. Mitunter gibt es den Konflikt der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und einem Schauen nach dem Wohl der Kinder. Die Kunst ist es, dies zusammenzuführen bzw. dafür zu werben und auch Eltern und Kommunen eine Rückmeldung zu geben, wenn wir der Meinung sind, dass diese beiden Bereiche nicht sehr gut miteinander verzahnt sind.

Der Postillion e.V. versteht sich als regionaler Verein. Wir sind im Rhein-Neckar-Kreis zu Hause und möchten uns nicht über diesen Kreis hinaus entwickeln. Gleichwohl sind wir bundesweit in vielen Fachverbänden und Arbeitsgruppen tätig, da wir bei der regionalen Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe an den Ideen, Erkenntnissen und Kompetenzen die Andere in ihren Regionen erfolgreich anwenden, partizipieren und die bundesweite Fachdiskussion forcieren möchten.